Haben wir nie gelernt, richtig zu atmen?
Hast du schon einmal bewusst darüber nachgedacht, wie du atmest? Tust du es jetzt? Und wie fühlt sich das an? Gut? Deine Atmung hat einen enormen Einfluss auf dein Wohlbefinden, deine Konzentration und dein Stresslevel. Wie du mit gezielten Atemübungen sofort Entspannung finden kannst, erklären wir dir hier.
Richtig atmen: Warum ist das so wichtig?
Die Atmung ist ein komplexer und lebenswichtiger Vorgang. Der Hauptgrund, warum wir atmen, ist, unseren Körper mit Sauerstoff zu versorgen, damit er Energie produzieren kann. Sauerstoff ist der “Brennstoff“, den unsere Zellen benötigen, um Zucker und andere Nährstoffe in Energie umzuwandeln. Diese Energie treibt alle unsere Körperfunktionen an, von der Muskelbewegung bis hin zur Gehirnaktivität.
Zusätzlich hilft das Atmen auch dabei, Kohlendioxid – ein Abfallprodukt dieses Energieprozesses – aus dem Körper zu entfernen. Wenn wir also einatmen, nehmen wir Sauerstoff auf, und wenn wir ausatmen, stoßen wir Kohlendioxid aus. Diese ständige Sauerstoffversorgung und Abfallentsorgung durch das Atmen sind lebenswichtig.
Die erste Funktion, die beeinträchtigt wird, wenn Sauerstoff fehlt, ist die Gehirnfunktion. Das Gehirn benötigt eine kontinuierliche Sauerstoffzufuhr, um richtig zu arbeiten, denn es ist eines der energieintensivsten Organe im Körper. Wenn der Sauerstoffgehalt sinkt, leidet die geistige Leistungsfähigkeit sehr schnell.
Wenn kein Sauerstoff mehr zum Gehirn gelangt (etwa bei einem Atemstillstand oder Erstickung), beginnen die Gehirnzellen bereits nach etwa drei bis fünf Minuten abzusterben. Dieser Zeitraum kann je nach individuellen Voraussetzungen leicht variieren, aber nach etwa vier bis sechs Minuten ohne Sauerstoff kann es zu dauerhaften Hirnschäden kommen.
Atemtechnik zum Entspannen und Nasenatmung
Atmen zum Entspannen gehört zu den wohl meistgehörten Entspannungstipps überhaupt. Doch funktioniert das wirklich? Und warum? Die Entspannung durch Atmung funktioniert tatsächlich. Der gesamte Prozess hängt eng mit einem Nervengeflecht zusammen, das den Namen “Parasympathikus“ trägt. Der Parasympathikus ist für „rest and digest“ (Ruhe und Verdauung) zuständig. Sein direkter Gegenspieler, der Sympathikus, erfüllt die “fight or flight“-Funktion, initiiert also den steinzeitlich angelegten Kampf- oder Flucht-Modus. Anders ausgedrückt: Der Sympathikus erzeugt einen akuten Stresszustand.
Eine oft unterschätzte Methode zur Entspannung ist die Nasenatmung. Sie klingt simpel, hat aber einen erstaunlichen Effekt auf unseren Körper. Wenn wir durch die Nase atmen, wird die Luft nicht nur gefiltert und erwärmt, sondern der Atemfluss wird auch verlangsamt. Das bedeutet, dass der Körper effizienter mit Sauerstoff versorgt wird, was das Nervensystem beruhigt und den Stresspegel senkt. Im Gegensatz zur flachen Mundatmung aktiviert die Nasenatmung den Parasympathikus stärker, was die Entspannungsreaktion zusätzlich fördert.
Das Nasenatmung-Training ist nicht schwierig. Um die Technik zu üben, kannst du bei jeder sich bietenden Gelegenheit bewusst und ganz regelmäßig durch die Nase atmen. Langsame, tiefe Atemzüge durch die Nase fördern die Entspannung möglicherweise sehr schnell. Mit etwas Übung wird dies zur natürlichen Atemtechnik, die dir hilft, das Stresslevel dauerhaft niedrig zu halten und deinen Körper optimal zu versorgen.
Gezielte Atemtechniken wie tiefes Atmen bzw. die Zwerchfellatmung helfen, den Parasympathikus zu aktivieren. Tiefes Atmen beruhigt das Nervensystem, indem es die Herzfrequenz senkt und den Stresshormonspiegel reduziert. Die Zwerchfellatmung unterstützt dies zusätzlich, indem sie den Atemfluss in die unteren Lungenbereiche lenkt, was eine noch tiefere Entspannung bewirkt. Um entspannende Atemtechniken bei Bedarf zuverlässig abrufen zu können, schadet es nicht, wenn du sie in aller Ruhe ab und zu gezielt übst.
Atmen richtig lernen: Praktische Übungen
Die Nasenatmung kennst du jetzt schon. Es gibt natürlich aber noch viel mehr Atemtechniken, die du individuell ausprobieren und für dich umsetzen kannst. Probieren geht über Studieren:
Tiefes Atmen/Zwerchfellatmung
Tief durchatmen! Wie oft hast du diesen Satz schon gehört, dir selbst gedacht oder anderen als guten Ratschlag gegeben? Tatsächlich steckt hinter diesem einfachen Tipp mehr, als man denkt. Tiefes Atmen, besonders in den Bauchraum (Zwerchfellatmung), ist eine der effektivsten Techniken, um Stress abzubauen. Dabei wird der Atem verlangsamt und vertieft, was den Sauerstoffgehalt im Blut erhöht und gleichzeitig den Parasympathikus aktiviert – das Nervensystem schaltet in den “Ruhemodus“.
Durch tiefe Atemzüge wird das Zwerchfell (größter Atemmuskel, sitzt unter den Lungen) aktiviert. Dies sorgt nicht nur für eine bessere Sauerstoffversorgung, sondern auch für eine direkte Beruhigung des Nervensystems.
Du weißt nicht, wie man in den Bauch einatmet? Versuch einmal das: Leg die Hände auf den Bauch und fülle beim Einatmen deinen Bauch so mit Luft, dass deine Hände buchstäblich nach vorne weggedrückt werden.
Quadrat-Atmung
Die Quadrat-Atmung ist eine weitere wirkungsvolle Atemtechnik, die dir helfen kann, dich schnell zu entspannen und den Kopf freizubekommen. Diese Methode, auch “Box Breathing“ genannt, wird oft von Profis wie Soldat:innen oder Sportler:innen verwendet, um in stressigen Situationen ruhig und fokussiert zu bleiben. Sie ist extrem einfach, aber sehr effektiv, da sie eine gleichmäßige und kontrollierte Atmung fördert, die den Parasympathikus stimuliert.
- Atme für 4 Sekunden langsam und tief ein.
- Halte den Atem für 4 Sekunden an.
- Atme dann für 4 Sekunden langsam aus.
- Halte den Atem erneut für 4 Sekunden an.
Wiederhole diesen Zyklus für ein paar Minuten. Die gleichmäßigen Atemphasen und Pausen schaffen Balance im Körper und reduzieren den Herzschlag. Dies induziert eine schnelle Beruhigung des Nervensystems. Die Technik eignet sich besonders gut, wenn du dich in akuten Stresssituationen befindest und deine innere Ruhe wiederfinden möchtest.
Auf einen Blick
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Die Art und Weise, wie wir atmen, hat einen direkten Einfluss auf unser Wohlbefinden, unser Stressniveau und unsere Konzentration. Durch bewusste Atemübungen können wir sofort Entspannung finden und das Nervensystem beruhigen.
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Die Nasenatmung ist eine einfache, aber wirkungsvolle Technik zur Aktivierung des Parasympathikus, der den Körper in den Entspannungsmodus versetzt. Sie fördert die Sauerstoffaufnahme und senkt den Stresspegel effektiv.
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Techniken wie die Zwerchfellatmung (tiefes Atmen in den Bauch) und die Quadrat-Atmung sind leicht zu erlernen und ermöglichen es, in stressigen Situationen schnell Ruhe und Balance zu finden.